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KONJUNKTURAUSBLICK 2022 –WIEDER DYNAMISCHERES WACHSTUM

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei DONNER & REUSCHEL

Wirtschaftlich wird der Start in das neue Jahr zumindest in Deutschland, der Eurozone und China holprig verlaufen. Anhaltende Lieferengpässe, knappe Transportkapazitäten, stark steigende Produktionskosten und Verunsicherungen aufgrund des Wiederaufflammens der Corona-Pandemie belasten vorerst weiter die kurzfristigen Geschäftsaussichten vieler Unternehmen. Unter der Annahme, dass sich die Staus vor einigen wichtigen Containerhäfen weltweit sukzessive im Laufe des ersten Halbjahrs abbauen und spätestens mit dem Ende des Winterhalbjahres auf der Nordhalbkugel auch einschränkende Corona-Maßnahmen auslaufen sowie sich bestehende Energieengpässe relativieren, ist im weiteren Jahresverlauf 2022 mit einer Wiederaufnahme des überdurchschnittlich dynamischen globalen Wachstumspfads zu rechnen.

In China sorgt zudem noch die ungewisse weitere Abwicklung des insolventen Immobilienentwicklers Evergrande für Verunsicherung. Allerdings ist davon auszugehen, dass die chinesische Regierung eine mögliche Negativspirale mit massiven Auswirkungen auf Banken, private Anleger und Immobilienkäufer sowie den gesamten Immobiliensektor weiterhin verhindern wird. Die Zielsetzung, kontrolliert Luft aus der immensen Immobilienblase in China abzulassen, dürfte allerdings ebenfalls weiterverfolgt werden, wodurch die generellen Wachstumserwartungen für die chinesische Volkswirtschaft in den kommenden Jahren niedriger ausfallen werden. Letztlich dürfte der angestrebte Umbau zu einer stärkeren Binnenmarktorientierung und einer abnehmenden wirtschaftlichen Abhängigkeit von den USA und Europa aber dafür sorgen, dass China zu einem stabileren Antriebsmotor der Weltwirtschaft wird.

Die US-Volkswirtschaft hingegen startet mit erheblichem Rückenwind in das neue Jahr: angetrieben durch einen dynamischen privaten Konsum im Zuge einer sich deutlich verbessernden Situation am Arbeitsmarkt und die Aussicht auf weitere massive Staatsausgaben zur Modernisierung der Infrastruktur und zwecks Dekarbonisierung der Wirtschaft in den kommenden Jahren. Auch in vielen anderen Staaten sind erhebliche Investitionen zur Erhöhung der Robustheit von Lieferketten, der Steigerung der Resilienz von Gesundheitssystemen und für die Transformation der Volkswirtschaften in eine klimafreundlichere Zukunft zu erwarten.

Kurzfristig liegt in den USA allerdings auch eines der Kernrisiken für die weltwirtschaftliche Entwicklung, denn die US-Notenbank Fed steht vor einem geldpolitischen Drahtseilakt. Die zuletzt erheblich angestiegenen Inflationsraten würden eher eine schnellere Verringerung als die bisher avisierte Reduktion der Volumina der Wertpapierkaufprogramme (Tapering) und gegebenenfalls auch schon erste Leitzinsanhebungen im zweiten Quartal 2022 rechtfertigen. Gleichzeitig möchte man jedoch zu schnell steigende Zinsen vermeiden, um die Refinanzierungsfähigkeit privater und staatlicher Schulden nicht zu gefährden und keine Turbulenzen an den Kaptalmärkten auszulösen. Auch viele Schwellenländer hätten mit einem zinsinduziert steigenden US-Dollar und resultierend abfließendem Kapital zu kämpfen. Trotz der positiven fundamentalen Aussichten ist damit das Risiko eines geldpolitischen Fehlers nicht unerheblich und hätte potenziell erhebliche Folgen.

Die Inflationsraten werden zwar in diesem Jahr etwas sinken, voraussichtlich aber auf erhöhten Niveaus verharren. Anhaltend negative Realzinsen dürften somit reale Anlageklassen wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle unterstützen.