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SIND LIQUID ALTERNATIVES IN NULLZINSZEITEN DIE RICHTIGE LÖSUNG FÜR KONSERVATIVE INVESTOREN?
Der Druck auf konservative Anleger ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Mit festverzinslichen Wertpapieren guter Bonität lassen sich schon länger keine positiven Renditen mehr erzielen – erst recht nicht unter Berücksichtigung der Inflation.
Was also tun? Bereits seit Längerem beobachten wir bei Investoren eine sukzessive Verschiebung der Risikobereitschaft, einerseits im Bereich der Anleihen in Richtung schlechterer Bonitäten und andererseits bei konservativen Mischfonds zu einer immer höheren Aktienquote.
In den vergangenen Jahren wurde dieses Verhalten durch die Börsen belohnt. Die Aktienmärkte eilen, abgesehen von der kurzen Corona-Unterbrechung, von Rekord zu Rekord und auch Anleihen-Investoren wurden für ihre Risikobereitschaft grundsätzlich belohnt. Aber wie lange kann das noch gut gehen? Und was passiert im Fall der Fälle mit den vermeintlich „konservativen“ Portfolios?
Was für Liquid Alternatives spricht
Außerhalb der klassischen Anlageklassen wie Aktien und Renten bieten Liquid Alternatives mit mehr als zehn unterschiedlichen Renditequellen eine veritable Anlagemöglichkeit für konservative Anleger – aber nur, wenn sie in der richtigen Kombination zusammengestellt werden. Das Hauptpro-blem dabei ist, dass nicht jede Strategie einfach nachzuvollziehen ist; ein belastbares Portfolio zu bilden, noch schwieriger. Nicht zuletzt meiden viele Investoren dieses Anlagesegment aus Angst vor unvorhersehbaren Risiken. Aber nicht alles, was riskant klingt, ist riskant und nicht alles, was risikolos war, bleibt risikolos (Renteninvestments). Es sprechen viele Gründe dafür, Liquid Alternatives im aktuellen Marktumfeld einen Platz im Portfolio einzuräumen. Und das vor allem deshalb, weil sich in der richtigen Kombination Erträge ohne oder mit sehr geringer Korrelation zu den Aktien- oder Rentenmärkten erzielen lassen.
Auswahl der richtigen Strategien
Die Auswahl der geeigneten Strategien ist jedoch schwierig und setzt Verständnis für die jeweilige Anlagestrategie voraus. Unsere Empfehlung: zunächst einen Marktüberblick erarbeiten, sich dann ausführlich mit dem jeweiligen Manager austauschen und schließlich eigene Risikosimulationen durchführen. Zu Beginn empfiehlt es sich, auch eine Vorauswahl von Strategien zu wählen, die eine niedrigere Komplexität und eine höhere Konsistenz auf der Ergebnisseite aufweisen. Dafür eignen sich aus unserer Sicht vor allem Übernahme-Arbitrage, Wandelanleihen-Arbitrage und marktneutrale Anleihen-Long/Short-Strategien. Mit der höchsten Ergebnisunsicherheit für den Investor sind die Segmente Global Macro und Aktien-Long/Short-Strategien behaftet.
Um das angestrebte Ziel einer niedrigen Korrelation zu den traditionellen Anlageklassen bei gleichzeitig niedriger Volatilität zu erreichen, reicht es nicht aus, nur auf eine Auswahl weniger Einzelstrategien zu setzen. Unserer Erfahrung nach wird erst mit mindestens zehn Strategien eine wirklich belastbare Risiko- und Ergebnisdiversifikation erzielt. Wichtig ist jedoch nicht nur der Einsatz einer Kombination unterschiedlicher Strategien, sondern auch eine ausreichende Diversifikation innerhalb des jeweiligen Marktsegments. Anhand des Beispiels Übernahme-Arbitrage könnte eine Diversifikation über unterschiedliche regionale Schwerpunkte (USA, Europa, Asien) und Marktkapitalisierungen empfehlenswert sein.
Nicht nur auf die Vergangenheit verlassen
Viele Investoren verlassen sich bei der Auswahl im Bereich Liquid Alternatives auf gute historische Ergebnisse. Der bisherige Track-Record offenbart aber oftmals genau die kritischen Risiken nicht, die sich zwar nur selten zeigen, dann aber zu vermeidbaren negativen Überraschungen führen. Aus diesem Grund muss bei der Analyse einer Strategie ein echtes Verständnis für ihre innere Mechanik und ihre individuellen Risikotreiber entwickelt werden. Eine solche Analyse lässt sich nur durch Gespräche mit dem Manager erfolgreich durchführen. Diese Gespräche müssen dann in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um einen kontinuierlichen Soll-Ist-Vergleich zu ermöglichen. Auf diese Weise lassen sich die Risiken der Einzelstrategien innerhalb eines Portfolios gut handhaben und aufeinander abstimmen. Im Fall starker Kapitalmarktverwerfungen kann es jedoch auch bei den Liquid Alternatives vorübergehend zu Verwerfungen kommen. Daher ist es vor allem für konservative Investoren eine Überlegung wert, eine zusätzliche Risikoabsicherung auf Portfolioebene zu implementieren, die im Falle solcher Kapitalmarktverwerfungen die Handlungsfähigkeit sichert.
Liquid Alternatives sind ein wertvoller Portfoliobestandteil
Mithilfe von Liquid Alternatives lassen sich neue Renditequellen erschließen, die von der Bewegungsrichtung der Märkte unabhängig sind. Das ist besonders im Zinstief attraktiv, in dem zu häufig die Risiken traditioneller Anlageklassen nicht hinterfragt werden. Investoren sollten daher Liquid Alternatives als nennenswerten Bestandteil in ihre Portfolios aufnehmen. Ein solides Portfolio sollte jedoch mindestens zehn Strategien, basierend auf fünf Renditequellen, beinhalten. Wer diesen Aufwand scheut, sollte auf einen Multi-Strategie-Ansatz zurückgreifen. Die vergleichsweise geringere Individualität in der Ausgestaltung bietet jedoch den Vorteil, dass auf diese Weise sehr einfach ein Portfolio aus „traditionellen“ Anlagen um eine sinnvoll diversifizierte Bandbreite von Liquid Alternatives erweitert werden kann.
ÜBER DEN AUTOR
Conrad Lauterbach ist Vorstand der Allington Investors AG und Partner der Allington Investment Advisors GmbH. Seit ihrer Gründung im Jahr 2017 setzen beide Unternehmen keine festverzinslichen Wertpapiere, sondern ausschließlich Liquid Alternatives in den von ihnen beratenen Portfolios ein. Gemeinsam mit seinem Partner Marian Henn berät er das Allington Liquid Alternatives Portfolio (ALAP), einen konservativen Multi-Strategie-Fonds im UCITS-Mantel, der sich aus 21 verschiedenen Liquid-Alternatives-Strategien zusammensetzt.