STRATEGIE

​ASIEN, DAS UNENDLICHE WACHSTUM

Asien ist mit mehr als 4,5 Milliarden Menschen die Region auf der Welt mit den meisten Konsumenten – in den Aktienportfolios aber nach wie vor unterrepräsentiert. Zumindest, wenn es nach der Gewichtung im MSCI geht. 
 
Warum eigentlich, sieht doch die Zukunft in einigen Ländern Asiens rosiger aus als in vielen entwickelten Ländern. So hat die Region beispielsweise schon seit 40 Jahren das höchste Wirtschaftswachstum weltweit. Die Bevölkerung in Asien ist noch begierig darauf voranzukommen. Der Mittelstand bildet sich deutlich aus und somit die Konsumkraft. China gilt bereits seit längerem in der Weltwirtschaft als Lokomotive. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann selbst Deutschland als eine der führenden Wirtschaftsnationen vom vierten Rang in der Welt von beispielsweise Indien abgelöst wird. Schaut man auf das Wirtschaftswachstum in Asien, so pendelte es in den vergangenen 40 Jahren zwischen drei und elf Prozent pro Jahr. Selbst während der Finanzkrise wurde ein Wachstum von 7,6 Prozent erreicht. Geht man nach der Prognose des IWF, so wird die Region auch dieses Jahr noch um ein Prozent wachsen, während die G7-Staaten ein Schrumpfen der Wirtschaftskraft von -6,2 Prozent hinnehmen müssen. Nächstes Jahr sollen die Wachstumszahlen auf der ganzen Welt positiv sein, an erster Stelle steht dabei wieder Asien mit 8,5 Prozent zu 4,5 Prozent in den G7-Staaten. 
WELTBEVÖLKERUNG NACH KONTINENTEN 2019 (IN MIO), Quelle: Statista 2020
Asien immer noch unterrepräsentiert
Doch wie sehen die Aktienmärkte aus? Chinas Marktkapitalisierung liegt bei circa zwei Billionen US-Dollar, während sich die Marktkapitalisierung der USA auf etwa 27 Billionen US-Dollar beläuft. Und dabei beträgt Chinas BIP aktuell rund 14 Billionen Dollar. Das BIP der USA ist zwar mit 21,4 Billionen Dollar um mehr als 50 Prozent größer, doch in Relation zur Marktkapitalisierung (circa ein Zehntel) der Unternehmen steckt die zweitgrößte Volkswirtschaft noch in den Kinderschuhen. Entsprechend gering ist der Anteil in den World-Indizes: Beim „klassischen“ MSCI World, der nur die entwickelten Volkswirtschaften abbildet, ist China nicht zu finden. Erst im MSCI All Country World, der sich aus dem MSCI World und dem MSCI Emerging Markets zusammensetzt, taucht China mit 4,5 Prozent an dritter Stelle auf. Somit spiegelt auch dieser Index nicht unbedingt die reale Weltwirtschaft wider. 
Bewertungen günstiger als in den USA bei stärkerem Wachstum
Schaut man auf die Bewertungen – sei es KGV oder Kurs-Buch-Verhältnis – so ist Asien nach wie vor eine der günstigsten Regionen weltweit, gepaart mit höchstem Wirtschaftswachstum. Während MSCI für die USA für 2021 ein KGV von 23,6 und ein Kurs-Buch-Verhältnis von 4,1 berechnet, liegt bei der Prognose für Asien ein KGV von 16,1 und ein Kurs-Buch-Verhältnis von 1,8 vor. 
 
China: die Rückkehr des Drachen
China, die größte Volkswirtschaft Asiens, ist auf bestem Weg, zur größten Volkswirtschaft der Welt aufzusteigen. In den zehn Jahren von 2000 bis 2010 ist China von Rang zehn an allen großen Volkswirtschaften vorbeigezogen und rangiert aktuell auf Platz zwei hinter den USA. In den vergangenen Jahren hat sich in China viel getan: So hat sich die Mittelschicht deutlich ausgebildet. Während 2010 noch lediglich 44 Millionen Menschen zur Mittelschicht gehörten (anzahlmäßig wie in Spanien), ist die Zahl in den folgenden acht Jahren auf 374 Millionen (mehr als in den USA) gewachsen und kommt mittlerweile an die Größe der gesamten Europäischen Union heran. Diese starke Mittelschicht hat zur Folge, dass allein die Binnennachfrage mittlerweile 60 Prozent des chinesischen Wirtschaftswachstums ausmacht. Wenn man außerdem betrachtet, dass nicht einmal 20 Prozent aller Exporte in die USA gehen, wird deutlich, dass der Handelskonflikt China nur in einem überschaubaren Rahmen trifft. Die Größe Chinas veranschaulichen auch die Zahlen des E-Commerce-Marktes: Dieser ist im Reich der Mitte so groß wie die Summe der nächsten zehn größten Märkte, die USA eingeschlossen. 
ENTWICKLUNG BRUTTOINLANDSPRODUKT (IN BIO. USD), Quelle: Internationaler Währungsfonds
Ebenso ist China auf dem Weg zum weltweiten Technologieführer. 2015 stellte die Regierung ihren Fahrplan zur Modernisierung der chinesischen Industrie vor. Das Projekt „Made in China 2025“ soll China in die Liga der weltweiten Industrie- und Technologieführer bringen. Die Schlüsselelemente für dieses Ziel sind vorhanden: Ressourcen, Daten und Geld.
 
Festlandsaktien, die schlafenden Riesen 
Während die meisten Investoren in die chinesischen ADRs wie Alibaba anlegen, die in den USA notieren, sind die chinesischen Festlandsaktien oder auch A-Shares genannt, die in Shanghai und Shenzhen notieren, un- bekannt. Dieser Markt ist mit acht Billionen US-Dollar Marktkapitalisierung nach den USA der größte Aktienmarkt der Welt, der sich jetzt erst richtig öffnet. Ausländische Investoren sind hier noch deutlich unterrepräsentiert und besitzen schätzungsweise zwei bis drei Prozent des gesamten chinesischen Aktienmarktes, verglichen mit geschätzten 22 Prozent des US-Marktes. Ein Grund dafür ist, dass es bis 2016 nur schwer möglich war, in diesen Markt zu investieren. Man könnte hier von einem schlafenden Riesen sprechen. An den beiden Börsenplätzen Shanghai und Shenzhen sind rund 3.700 Unternehmen gelistet, in den USA sind lediglich etwas mehr als 200 chinesische Unternehmen notiert.
Indien: internationales Spitzenniveau in IT und Pharma
Nach China mit seinen 1,4 Millionen Menschen ist Indien das zweitbevölkerungsreichste Land Asiens. Aktuell ist Indien mit einem BIP von 2,9 Billionen US-Dollar und einer Börsenkapitalisierung von lediglich 0,4 Billionen Dollar nur etwas größer als Italien. Doch das überdurchschnittliche Wachstum soll Indien in den nächsten zehn Jahren vom aktuell sechsten Rang auf den dritten Rang aller Volkswirtschaften vorrücken lassen. Dieses Wachstum wird auch am Aktienmarkt nicht spurlos vorbeigehen. Nach der wirtschaftlichen Liberalisierung 1991 entwickelte sich die indische Wirtschaft zu einer markt- und dienstleistungsorientierten Wirtschaft. Seitdem hat Indien ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von fünf bis zehn Prozent. Die Leistungsfähigkeit der indischen Wirtschaft hat nach Einschätzung vieler Beobachter in einigen Branchen wie Informationstechnologie oder Pharmazie inzwischen internationales Spitzenniveau erreicht.
ENTWICKLUNG BRUTTOINLANDSPRODUKT (IN BIO. USD), Quelle: Internationaler Währungsfonds
Vietnam: diese Jahr Spitzenreiter beim weltweiten Wirtschaftswachstum 
Die asiatische Entwicklungsbank (ADB) hat kürzlich das Wirtschaftswachstum Vietnams trotz der Corona-Pandemie für dieses Jahr mit 4,1 Prozent prognostiziert, dies entspricht dem höchsten zu erwartenden Wert in Asien und ist auch weltweit spitze. Doch Vietnam wächst nicht erst seit Kurzem, sondern bereits seit zehn Jahren deutlich. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich in dieser Zeit verdoppelt.
 
Beim Wirtschaftswachstum belegt Vietnam stets vorderste Plätze und dies soll gemäß Internationalem Währungsfonds auch in den nächsten Jahren so bleiben. Bedenkt man, dass rund 50 Prozent aller Smartphones von Samsung in Vietnam produziert werden oder 80 Prozent aller Chips von Intel aus Vietnam stammen, so kann man sich die Bedeutung dieses Marktes sehr gut vorstellen. Doch Vietnam ist immer noch ein Frontier Market. Erfüllt es die hohen Vorgaben von MSCI, steht einer Hochstufung in die Emerging Markets nichts im Weg. 
Fazit 
Neben diesen drei Beispielen gibt es viele weitere Länder in Asien mit guten wirtschaftlichen Aussichten – auch Singapur kann hier genannt werden, das sich in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit und Arbeitsmarkt an der Spitze Asiens bewegt. Das hohe Wachstum in Asien spricht dafür, dass in der nächsten Dekade höchstwahrscheinlich asiatische Aktien ganz vorn mitspielen werden – zumal die Investoren noch deutlich unterrepräsentiert sind. Daher ist Asien ein Muss im Portfolio, vor allem dann, wenn man vor der breiten Masse investiert sein will. Wir investieren daher über Spezialisten in die einzelnen Märkte und decken China und Indien mit Fonds von Mirae Asset Global Investments ab. Mit dem Lumen Vietnam Fund setzen wir auf Vietnam und mit dem Matthews China Small Companies Fund haben wir Zugriff auf den wachstumsstärksten Small-Cap-Markt der Welt.  
ÜBER DEN AUTOR

Thomas Polach leitet das Portfoliomanagement bei der VVO Haberger AG und blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich Fondsauswahl und Portfoliomanagement zurück.
Seine Spezialgebiete sind Fondsmanagement sowie prognosefreie Portfoliostrategien. Seit 2017 ist er verantwortlich für das Asset-Management des H1 Flexible Top Select.