FONDS

„NACHHALTIGES INVESTIEREN ALS ZUSATZNUTZEN GEFRAGT”

Das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde und wird die Fondsbranche in den kommenden Jahren massiv prägen. Allerdings fehlt oftmals noch eine allgemeingültige Definition und das Verständnis, was Nachhaltigkeit bedeutet und was nicht, ist relativ heterogen. Grund genug für die Redaktion der HANSAWELT, einmal bei einem Experten nachzufragen, der sich schon lange mit der Thematik auseinandersetzt. Andreas Meyer ist bei ARAMEA Asset Management zuständig für alle Nachhaltigkeitsthemen und arbeitet auch in der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit des Verbands der unabhängigen Vermögensverwalter (VuV) intensiv mit.

HANSAWELT: Herr Meyer, wie kommt es, dass das Thema Nachhaltigkeit so in den Fokus gerückt ist?

Andreas Meyer: Eigentlich geht die aktuelle Entwicklung auf den Brundtland-Bericht von 1987 zurück, in dem erstmals ein neues Leitbild der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung vorgestellt wurde. Danach ging es nicht mehr nur darum, kritische Firmen wie zum Beispiel Waffenhersteller zu meiden, sondern ein breiteres Bild zu entwickeln. Seit Mitte der 1990er-Jahre wurden dann Nachhaltigkeitsaspekte bei der Firmenbewertung zunehmend relevanter und ESG-Aspekte spielten bei immer mehr Analysten eine Rolle. Von 2000 bis etwa 2007 gab es dann vor allem Themenfonds mit klarem Bezug zu ESG. Nach der Finanzkrise standen erst einmal andere Themen im Vordergrund, aber ab 2013 gingen immer mehr institutionelle Investoren dazu über, ESG-Kriterien zu implementieren. Richtige Beschleunigung erhielt das Thema mit dem Pariser Klimaabkommen und der Verabschiedung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2016. Danach war das Thema endgültig im Mainstream angekommen und hat sich dort festgesetzt.

HANSAWELT: Erst hieß es „grün“ oder SRI, heute nennt man es ESG. Ist das nur ein sprachlicher Wandel oder hat sich da wirklich etwas verändert?

Meyer: Lange war die Befürchtung groß, dass bei grünen oder Socially Responsible Investments auf Rendite verzichtet werden müsse und derartige Investments eher etwas für Liebhaber seien. Diese Befürchtung ist jedoch mittlerweile durch zahlreiche Studien widerlegt worden. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass Unternehmen, die sich nicht ESG-konform verhalten, bei gleicher Performance erheblich höhere Risiken beinhalten könnten. Für Fondsmanager heißt das: Man muss imstande sein, die publizierten ESG-Daten von Firmen richtig zu interpretieren und in die eigene Meinungsbildung einzubeziehen.
“Unternehmen, die sich nicht ESG-konform verhalten, könnten bei gleicher Performance erheblich höhere Risiken beinhalten.“
HANSAWELT: Welcher der drei Buchstaben ist Ihnen dabei am wichtigsten: E, S oder G?

Meyer: Auch wenn aktuell das E stark im Vordergrund vor allem der medialen Betrachtungen steht, zeigen Faktoranalysen, dass das G besonderen Einfluss auf die finanziellen Ergebnisse hat. Der Fall Wirecard hat uns dies erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Je mehr sich aber Herausforderungen aus den Bereichen S oder E materialisieren, desto mehr sind diese aus finanzieller Sicht relevant. Das sieht man an Branchen, die Lieferketten wegen Kinderarbeit erneuern müssen oder sich sogar ganz neu erfinden, wie zum Beispiel die Automobilbranche oder die Ölindustrie.

HANSAWELT: In Zusammenhang mit ESG steht auch das Impact Investing. Worum handelt es sich hier konkret?

Meyer: Bei Impact Investments steht der Anspruch dahinter, messbar positive soziale oder ökologische Wirkungen sowie eine finanzielle Rendite zu erzielen. Angefangen hat dies mit bestimmten Assetklassen wie zum Beispiel Mikrofinanz. Heute gibt es aber auch zahlreiche Aktien- oder Rentenfonds, die Impact nicht nur im Namen tragen. Der Anspruch ist dabei aber hoch zu definieren: Es sollte klar dargelegt werden können, wie durch den operativen Betrieb oder durch die Produkte und Dienstleistungen dieser Firmen die erwünschte Wirkung erreicht werden kann.

HANSAWELT: Neben Impact Investing fällt auch der Begriff „Engagement“. Was versteht man darunter?  

Meyer: Das ist superspannend. Üblicherweise findet Engagement über die Wahrnehmung der Aktionärsrechte und das Stimmverhalten bei den Hauptversammlungen statt. Als Rentenmanager steht mir dieser Weg allerdings nicht offen. Daher sind wir eher auf den konstruktiven Dialog mit den Firmen angewiesen. Große Unternehmen wie Blackrock, Fidelity oder Vanguard finden natürlich eher Gehör als kleinere Asset-Manager und tragen daher auch eine höhere Verantwortung. Dennoch trifft man bei den Treasury-Abteilungen immer öfter auf offene Ohren, wenn man Geschäftspraktiken mit dem Hinweis kritisiert, dass man nun die Anleihen des Emittenten nicht mehr kaufen kann. Schließlich erhöhen sich dadurch die Finanzierungskosten der Emittenten.
„Engagement findet über die Wahrnehmung der Aktionärsrechte und das Stimmverhalten bei Hauptversammlungen statt.“
HANSAWELT: Haben Sie ein Beispiel für uns?

Meyer: Ein sehr gutes Beispiel ist die Société Générale. Das Unternehmen war wegen der Finanzierung einer Goldmine in der Mongolei in eine intensive Kontroverse geraten, da die geplanten Produktionsabläufe zu einer hohen Umweltbelastung geführt hätten. Auch dank des Drucks der Kapitalgeber, die nicht mehr in Anleihen der Bank investiert haben, wurde diese Kontroverse gelöst, das heißt die Umweltbelastung durch den Betreiber gesenkt. Somit wurde das ESG-Rating der Bank wieder erhöht und die Anleihen waren für nachhaltige Investoren wieder investierbar. Damit sanken auch die Refinanzierungskosten des Instituts wieder. Man sieht also, dass die uns anvertrauten Gelder eine gewisse Wirkung haben.

HANSAWELT: Was suchen die Investoren und wie schätzen Sie den Kenntnisstand bezüglich ESG, Impact oder Engagement ein?

Meyer: Da nachhaltiges Investieren erwiesenermaßen zu keinem Renditenachteil führt, möchten immer mehr Anleger diesen Zusatznutzen haben. Auch sehen wir in der aktuellen Krise, dass sich nachhaltige Investments gegenüber konventionellen eher besser geschlagen haben. Dank des Wechsels in der US-Regierung und der damit verbundenen Neuorientierung in punkto „Green Deal“ werden auch in den kommenden Jahren erhebliche Summen in diesen Bereich fließen. Wir sehen zudem ein deutlich gestiegenes Interesse privater Anleger, neben Renditen einen positiven Einfluss ihrer Anlagen ins Zentrum zu stellen. Hier schärft der Regulator aktuell bekanntermaßen auch aktiv nach. Offenlegungsverordnung oder EU-Taxonomie sind nur zwei Stichworte. Institutionelle Anleger sind oftmals sogar schon weiter und haben in den vergangenen Jahren nachhaltige Aspekte in ihre Anlageziele und Investmentprozesse eingebunden. Die Messbarkeit von Impact auf Portfolioebene gewinnt ebenfalls an Bedeutung.

HANSAWELT: Die Nachfrage steigt demnach also weiterhin?

Meyer: Die Marktentwicklung sehen wir in diesem Segment nach wie vor außerordentlich positiv. Nachhaltige Anlagen sind in der vergangenen Dekade jedes Jahr deutlich zweistellig gewachsen. 2020 betrug das Wachstum sogar mehr als 30 Prozent. Auch bei uns im Haus ist dies spürbar, so konnte unser Aramea Rendite Plus Nachhaltig (WKN: A2DTL7), der sowohl mit dem FNG-Siegel als auch dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet wurde, im vergangenen Jahr seine Assets under Management vervierfachen.

HANSAWELT: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Was erwartet uns?

Meyer: Nachhaltige Investments sind heute schon bei vielen Anlegern ein zentraler Baustein in der Allokation. In den kommenden Jahren werden es nicht nachhaltige Strategien zunehmend schwerer haben, sich Gehör zu verschaffen beziehungsweise das Interesse von Anlegern zu wecken. Wenn dementsprechend immer mehr Unternehmen ihre Geschäftsprozesse anpassen, wird das Universum nicht nachhaltiger Anlagen immer geringer und schließlich verschwinden. Da die Fondsbranche schon immer sehr darwinistisch organisiert war, könnte dies schneller gehen, als viele dies derzeit vermuten.

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